in zungen reden
Kompositionen für Artikulationsorgane, Gesten und Dinge
Die Zungenrede, Glossolalie bezeichnet im Altgriechischen unter anderem das Äußern von unverständlichen Silben und wird in einigen religiösen Gemeinschaften als Beten im/mit dem Geist verstanden in einer Sprache, die dem Sprecher unbekannt ist.
Das Programm
in zungen reden setzt den Fokus auf Kompositionen die sich mit dem Akt des Artikulierens beschäftigen und die Sprache aus ihrem semantischen Umfeld herauslösen um das Klangliche in den Vordergrund zu rücken. Eine vom Ensemble improvisierte Version von Dieter Schnebels
Maulwerke (1968-74) bildet dabei den Auftakt. Die Kommunikation zwischen den Performern entwickelt sich spontan, bezieht sich jedoch auf einen Katalog von Modellen die Schnebel für das Zusammenspiel vorschlägt.
Ebenfalls als offene Komposition mit hohem Improvisationsanteil ist
The Pool and the Soup von Alessandro Bosetti konzipiert. In diesem “Game Piece” wird die spontane Rede durch inhaltliche und musikalische Spielregeln gestaltet. Wechselnde Spielleiter bestimmen dabei die Struktur des Stückes durch codierte Gesten.
Dieter Schnebels
glossolalie von 1959/61 gilt als Klassiker der Sprachkompositionen. Béquille und Rain sind in direkter Auseinandersetzung mit Schnebels Werk entstanden und arbeiten jedes auf seine Weise mit fremdsprachlichen Klängen.
Bei apropos führt die Imitation von Computerstimmen in einen absurden Singsang.
FAHREN komponiert die konkrete Poesie von Wörterbucheintragungen zu „fahren“ zu einer Sprech-Textur. In Kestens
zunge lösen wird die Zunge selbst zum Protagonisten auf der Mini-Bühne des Mundraums: die Zunge changiert zwischen sichtbaren Bewegungen und Artikulationen.
Das Programm findet mit Dieter Schnebels Bauernszene aus dem Zyklus
Museumsstücke I einen fulminanten Abschluss. Ein gedeckter Tisch steht wie für eine Mahlzeit bereit - ohne Essen. Vier Performer lassen im kanonischen Einsatz Teller kreisen und führen mit dem Besteck schlagzeugartige Aktionen aus während sich lautstarke Schimpftiraden mit Geschrei und Gelächter vermischen.
Dieter Schnebel: Maulwerke (1968-1974, aktuelle Version 15’)
für 5 Artikulationsorgane
Steffi Weismann: apropos (2006, 10')
für 5 Stimmen, Computerstimmen und rotierende Objekte
Christian Kesten: zunge lösen (1999/ Trioversion 2002, 7’)
für 3 Zungen
Alessandro Bosetti: The Pool And The Soup (2006/07, 13’)
für 5 Stimmen
Christian Kesten: FAHREN (1995, 5’)
für 5 Stimmen
Ariane Jessulat: Béquille (2006, 7’)
für 5 Stimmen, Trompete, Gitarre, Kastagnetten
Henrik Kairies: Rain (2000, 4')
für 4 Stimmen und Zuspiel
Dieter Schnebel: Bauernszene (1992, 6’)
für 4 Stimmen, Teller, Gläser, Flaschen und Besteck
Die
Maulwerker:
Ariane Jessulat, Henrik Kairies, Christian Kesten,
Katarina Rasinski und Steffi Weismann